Die Kärntner SlowenInnen
Einführung
Nach dem »Anschluss«
Deportation 1942
Widerstand
# Nach Kriegsende
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Geboren 1921 in St. Kanzian/Škocijan. Ab Herbst 1943 Unterstützung der Kärntner PartisanInnen. 1945–1955 Sekretärin, danach Vorsitzende des Verbandes slowenischer Frauen/Zveza slovenskih žena. Verstorben 1997.

Das Wurfkommando war eine Horde von Leuten, die tauchten oft bei slowenischen Veranstaltungen auf, immer mit der Absicht, sie zu verhindern. Diese Wurfkommandos waren zusammengesetzt aus Nazis und einigen Raufern, und alles war so organisiert, dass sie planmäßig vorgingen. Aus Stein weiß ich zwei, die dabei waren, dann aus St. Veit, Söhne von Nazis. Selber waren sie ja zu feige, öffentlich aufzutreten. Aber sie organisierten Gegner, Slowenenhasser und dazu noch typische Raufer, die politisch keine Ahnung hatten, aber aufgehetzt waren, vielleicht sogar bezahlt, das wussten wir nicht, und die griffen uns dann an. Die gab es nicht nur in St. Kanzian, sondern auch in Eisenkappel. Am bekanntesten waren die aus St. Štefan bei Globasnitz. Ihre Aktivitäten waren konzentriert auf slowenische Veranstaltungen, gleich welchen Inhalts.

Wir sperrten den Saal ab, der Saal war gerammelt voll, weil jede Veranstaltung dieser Art etwas Neues und nach so langer Zeit wieder möglich war. Sie fingen an, auf die Scheiben zu schlagen und zu stören. Unser Motto war: alle Spieler hinter die Bühne, denn fehlte einer, war die Veranstaltung beim Teufel. Und jetzt begannen sie, draußen zu lärmen, die Leute waren nervös, man wusste nicht, was tun, und da sagte einer: »Jetzt muss einer auf die Bühne gehen und sagen, dass wir trotzdem spielen werden, und in acht Tagen auch.« Die Männer wehrten sich alle, auf einmal stieß mich jemand auf die Bühne vor das Publikum und ich musste reden. Ich wiederholte angeblich gut, was wir früher ausgemacht hatten. Ich hatte kein gutes Gefühl: »Heute in acht Tagen werden wir wieder spielen, verehrtes Publikum, und wir laden euch alle recht herzlich ein, wieder zu kommen, und das, obwohl sie so auf die Fensterscheiben einschlagen.«

Wir spielten an dem Abend fertig, die begannen mitten in der Vorstellung mit der Lärmerei, wir mussten ein bisschen unterbrechen, damit wieder Ruhe einkehrte und sich die Nervosität legte. Darauf wurde getanzt, und da begannen sie erst richtig zu provozieren. Mich packte einer und sagte: »Du wirst hier nicht herumstrampeln«, ein bisschen leichter war ich damals schon als heute, und er warf mich hinaus auf den Hof und sagte: »Da draußen sollen dir die Sterne leuchten.« Das war kein Katzendreck. Meinen Bruder Šiman und den ehemaligen Partisanen Buc aus Mökriach verprügelten sie nach der Veranstaltung ordentlich. Wo sie die beiden erwischten, weiß ich nicht. Der Buc zahlte so drauf, dass er krank wurde, und ich weiß nicht, ob das nicht mit schuld an seinem frühen Tod war. Beim Wank, wo wir die Veranstaltung hatten, zertrümmerten sie die Tür und die Scheiben. Darauf kam er sich zu uns entschuldigen, dass er sich nicht mehr getraute, unsere Veranstaltungen unter seinem Dach stattfinden zu lassen.

Die Veranstaltung eine Woche darauf verlief ruhig. Es gab keinen Tanz und sehr viel weniger Leute kamen. Wir meldeten zwar den Vorfall, aber es passierte nichts. Diese Wurfkommandos existierten bis 1949/50. Dass jemand von denen bestraft worden wäre, davon hörte ich nichts. Wenn du in der Nacht eine über den Schädel bekamst, konntest du nicht einmal etwas beweisen, und wenn so eine Gruppe auftauchte, dann hieß es, es war eine Wirtshausrauferei. Die Engländer hielten sich aus diesen Sachen heraus.

Quelle: Spurensuche. Erzählte Geschichte der Kärntner Slowenen. 1990, Wien, Österreichischer Bundesverlag.


 

 

Milena Gröblacher: Die Wurfkommandos nach dem Krieg