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Noch am 11. März 1938, am Tag vor dem Einmarsch der deutschen Truppen in Österreich, erschien eine Sonderausgabe des »Koroški Slovenec«, des Organs der zentralen slowenischen Organisation Slovenska prosvetna zveza, mit dem Aufruf, bei der von der Regierung Schuschnigg geplanten Volksbefragung am 13. März 1938 für ein unabhängiges Österreich zu stimmen. Knappe drei Wochen später, am 31. März 1938, war Adolf Hitler am Titelblatt des »Koroški Slovenec« abgebildet, diesmal versehen mit der Aufforderung, mit »Ja« zu stimmen, allerdings für den »Anschluss« an das Deutsche Reich. Dazwischen lagen Tage und Wochen, in denen die Nationalsozialisten mittels unverhüllter Drohungen, Verhaftungen, aber auch Versprechungen daran gingen, auch im zweisprachigen Gebiet eine hohe Zustimmung für den »Anschluss« sicherzustellen. Sofort nach der Volksabstimmung am 10. April 1938 begannen die Nationalsozialisten in Kärnten mit einer Verschärfung der Germanisierungspolitik. Das zweisprachige Gebiet Kärntens wurde mit einem dichten Netz an Erntekindergärten überzogen, die der Eindeutschung dienten, die slowenische Sprache verschwand beinahe vollständig aus den Schulen, die noch bestehenden Vereine wurden einer ständigen Kontrolle unterworfen, unliebsame Priester, Lehrer und Funktionäre aus dem zweisprachigen Gebiet versetzt. Die meisten slowenischen Vereine blieben formal zwar unabhängig, mussten aber den Arierparagraphen und das Führerprinzip in den Statuten verankern. Sie sahen sich auch immer wieder absurden Beschränkungen und Verboten ausgesetzt, so wurden die beliebten und politisch wohl eher harmlosen Kochkurse von Milka Hartman verboten, denn diese Tätigkeit sollte den nazistischen Bauernvereinen vorbehalten bleiben. Bespitzelungen, wie sie in ganz Österreich an der Tagesordnung waren, gehörten auch in Kärnten zum Alltag, Beobachtung und Berichterstattung waren eine der Grundaufgaben der am 1. August 1938 gegründeten Volkstumsstelle. Am 2. September 1938 erging von Seiten der Gestapo die Aufforderung an die Slovenska prosvetna zveza, sämtliche Mitgliederlisten vorzulegen, ein Ansinnen, das diese ablehnte. Daraufhin schickte der Kärntner Heimatbund, dessen organisatorisches Netz seit der Volksabstimmung von 1920 geschickt aufgebaut worden war, am 7. Oktober 1938 einen Brief an seine Vertrauensleute, alle Slowenen, die »als Führer« in Betracht kämen, möglichst mit Lichtbild zu melden. Das Ergebnis war ein Verzeichnis mit 245 Personen, viele davon fanden sich 1942 auf den »Aussiedlungslisten« wieder. Die sichtbarste Form des Widerstandes in den Jahren 1938–1941 war die in ihrem Umfang noch nicht restlos dokumentierte Flucht slowenischer Wehrmachtsangehöriger und Einberufener nach Jugoslawien; zahlreiche Deserteure kamen später als Partisanen in ihre Heimat zurück und bildeten die Keimzellen des bewaffneten Widerstandes. Vereinzelt wirkten Slowenen auch bei den Anschlägen der Organisation »TIGR« (Triest, Istrien, Görz, Rijeka) gegen Eisenbahneinrichtungen in der Steiermark sowie im Kanaltal mit. Die Mehrheit verhielt sich jedoch bis 1941 abwartend. Mit dem Überfall auf das Königreich Jugoslawien änderte sich die Situation der Kärntner Slowenen grundlegend. Die Kulturvereine, die slowenischen Spar- und Darlehenskassen sowie der Genossenschaftsverband wurden aufgelöst, 13 Kulturheime und 26 Bühnen sowie Veranstaltungssäle wurden ausgeraubt oder demoliert, 80. 000 Bücher vernichtet, slowenische Priester und Intellektuelle aus dem zweisprachigen Gebiet entfernt. |
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