Die Kärntner SlowenInnen
Einführung
# Nach dem »Anschluss«
Deportation 1942
Widerstand
Nach Kriegsende
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Geboren 1916 in Loibach/Libuce als Bauernsohn. September 1939 Flucht nach Slowenien, Ende Juni 1942 Festnahme in Ljubljana, anschließend Haft in Gonars, Begunje. Dezember 1942 Überstellung nach Klagenfurt. 1943 wegen »Entziehung der Wehrpflicht« zu 10 Jahren Haft verurteilt. Strafverbüßung im Zuchthaus Stein a. d. Donau, überlebte dort das Massaker am 6. April 1945. Nach 1945 Geschäftsführer des »Slovenski vestnik«, danach Rechtsanwalt.

Im August 1939 wusste man schon, dass es bald krachen würde. Ich erfuhr in Innsbruck, dass Vorbereitungen gegen Polen im Gange waren. In Unterkärnten, also im Jauntal, waren mehrere Burschen, die so wie auch ich erklärt hatten, in die Hitlerarmee nicht eintreten zu wollen. Es wurden ein paar verhaftet, und so mussten sich die jungen Burschen und vor allem die Studenten entschließen, etwas zu tun. Am 1. September brach der Krieg aus, und am 4. und 5. September war in Bleiburg der Wiesenmarkt. Da kamen wir zu dritt zusammen, mein Bruder, ich und Rudolf Cik, damals Medizinstudent. Wir hatten gemerkt, dass uns die Gestapo auf Schritt und Tritt verfolgte. Und wir beschlossen zu flüchten, und zwar mit dem Abendzug aus Bleiburg. Es kam aber irgendwas dazwischen, sodass wir nicht auf den Zug aufspringen konnten. Eine SA-Patrouille verhinderte es. Mein Bruder und ich gingen nach Hause und Rudi Cik, den wir wegen dieses Hindernisses aus den Augen verloren, der schien auch nach Hause gegangen zu sein. Um drei Uhr in der Früh kommt er mit bepacktem Rucksack und sagt: »Als ich nach Hause kam, haben s' mich schon g'sucht gehabt. Und ich hab sofort einen Rucksack gepackt und bin weg.« So war er zu uns gekommen, und wir sind dann gemeinsam über die Grenze ins Mießtal geflohen. Das war also das vorläufige Ende des »Dritten Reiches« für uns.

Im Besitz meiner Familie war ein Waldstück, praktisch ein ganzer Hügel, der an Jugoslawien grenzte. Die Parzellengrenze war gleichzeitig die Staatsgrenze. Und dort war eine Wiese davor, direkt an der Grenze. Auf dieser Wiese taten wir so, als ob wir mähen wollten, machten ein paar Schnitte, schmissen dann die Sensen weg und sind den Berg hinauf. Gleich über der Grenze wohnte ein Bauer, der mit unserer Familie befreundet war. Ganz auf der Anhöhe war ein zweiter Bauer, mit dem waren wir sogar weitschichtig verwandt. Und in der Zwischenlinie, also etwas höher oben, war die Unterkunft der jugoslawischen Grenzsoldaten. Wie wir dort ankamen, wurden wir freundlich begrüßt. Zeitig in der Früh war 's, es war etwa 4 Uhr, da gaben sie uns sogar ein Frühstück. Dann führten sie uns zu einem anderen Stützpunkt. Dieser 6. September war ein kalter Tag, sodass sie uns sogar Soldatenmäntel borgten. Wir marschierten dann nach Mežica hinunter, wurden aber vom Gendarmeriepostenkommandanten recht grob empfangen. Er fragte uns, was wir da suchten, was wir da wollten. Sicher seien wir von den Deutschen als Spione ausgeschickt worden. Dann stellte man uns auf den Gang hinaus, wo wir warten mussten. Ein Mädchen erkannte mich und holte einen Bekannten, der für uns ein gutes Wort einlegte. Daraufhin wurden wir rasch verhört und durften die erste Nacht in Mežica verbringen. Am nächsten Tag kamen wir nach Maribor und weiter zur Polizei nach Ljubljana. Von Maribor bis Ljubljana begleitete uns ein alter Polizeimann. Der wusste nicht, wer wir sind. Er fragte immer wieder, was wir in Deutschland angestellt hatten, dass sie uns davongejagt hätten. Er glaubte offenbar, dass wir Gastarbeiter waren, die polizeilich ausgewiesen wurden.

Quelle: Spurensuche. Erzählte Geschichte der Kärntner Slowenen. 1990, Wien, Österreichischer Bundesverlag.


 

 
Anton Jelen
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Anton Jelen bei einer Armenspeisung in Ljubljana, 1941.


Anton Jelen: Flucht nach Jugoslawien