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Katarina Milavec Geboren 1893 in Postojna (heute: Slowenien), mit der Familie umgezogen nach Aich/Dob bei Bleiburg/Pliberk. Unterstützung der Kärntner PartisanInnen. Im Mai 1944 festgenommen, anschließend Haft in Ravensbrück und Auschwitz, wo sie die Befreiung erlebte. Verstorben 1989. Zu uns kamen die Partisanen und die raztrganci [«Zerrissene«], nur dass die raztrganci nicht wussten, dass ich sie kenne. Bleiburger Polizisten haben sich als Partisanen verkleidet, und die haben wir die raztrganci genannt, die Künstlichen. Sie kamen am Abend zu uns. Ich war in der Küche, einer von ihnen hat uns die ganze Zeit Materialien angeboten, ich habe sie genommen. Damals war auch noch meine Schwester zu Hause, und die hat am ganzen Körper gezittert. Da hat er sie gefragt: »Warum haben Sie so eine Angst vor uns?« Und ich antwortete: »Wisst ihr was? Es ist gemein, dass ihr uns so schreckt. Ihr seid keine Partisanen, ihr seid die Bleiburger Polizei.« Mit der Nachbarin verstanden wir uns überhaupt nicht: War ein bisschen was, schon rannte sie zur Polizei, sie meldete, dass wir Radio hörten, Auslandssender, sodass sie nicht schlafen könne. Die Häuser standen weit auseinander, und so dumm waren wir ja nicht, dass wir so aufgedreht hätten, dass sie nicht hätte schlafen können. Wegen ihrer letzten Anschuldigung kamen wir dann ins KZ: Zwei Burschen kamen während des Urlaubes zu uns und wollten auf der anderen Seite der Drau jemanden besuchen. Wir hatten ein Boot, aber niemand von uns hatte Zeit, sie hinüberzubringen. Da sagte der Bruder: »Da habt's den Schlüssel von der Hütte, setzt selber drüber.« Die Nachbarin hatte gerade Kürbis geputzt und alles gesehen, sie hat behauptet, dass diese beiden Burschen Partisanen waren, aber die beiden waren wirklich Soldaten. Alles, was wahr war, wusste sie ja auch nicht. Am 24. Mai 1944 arretierten sie mich dann. Es kamen ungefähr 20 Polizisten, sie umstellten alles, durchwühlten das Haus. Wie viel Arbeit sie wohl mit dem Zusammenräumen und dem Forttragen gehabt haben? Als ich nach Hause kam, hatten wir gar nichts mehr. Nicht einmal mein Kleid war mehr da. Dann fragten sie mich, wo mein Bruder sei. Der war aber gerade an diesem Tag nach Bleiburg Geld holen gegangen. Bei seiner Festnahme fanden sie dieses Geld. Das bekamen wir nie wieder. Diese hitleristischen Lumpen haben so gelacht, dass ich sie noch heute höre. Meinem Bruder ist schlecht geworden und er ist zusammengebrochen. Die Polizisten begossen ihn mit kaltem Wasser und er musste völlig durchnässt nach Klagenfurt. Pavla Apovnik Geboren 1902 in Feistritz bei Bleiburg/Bistrica pri Pliberku als Bauerntochter, Unter-stützung der Kärntner PartisanInnen. Verstorben. Noch gefährlicher waren die raztrganci («Zerrissene«), vor denen musste man Angst haben. Ich kann mich erinnern, wie sie einmal zum Nachbarn kamen: Die Jacken hatten sie verkehrt angezogen, weil sie glaubten, dass die Partisanen wirklich so angezogen und zerrissen waren. Sie legten sich einfach auf den Boden und die Bänke, dann sagten sie, dass man ihnen eine Kartoffelsuppe kochen solle und dass sie Partisanen seien, die nicht viel Gutes zu essen bekämen. Eine Kartoffelsuppe wollten sie haben und hirnverbrannt benahmen sie sich. Zu diesem Haus kamen ja oft die Partisanen, und der Nachbar kannte sie gut. Diese raztrganci aber machten die Partisanen schlecht nach, sie wussten es ja nicht besser. Die Partisanen waren anständige Menschen und auch halbwegs schön angezogen. Von denen aber hatte einer löchrige Schuhe, dass ihm die Zehen herausschauten, einer hatte die Hose am Knie zerrissen. Der Nachbar kam dann erzählen, wie es war. Sie gingen auch noch zu einem anderen Haus, zum Stropnik, das war schon auf der jugoslawischen Seite, und wollten auch dort etwas zu essen. Die kannten aber die Partisanen nicht so gut und die gaben den raztrganci Löffel zum Essen, und einer von ihnen ritzte auf dem Löffel hinten das Datum ein. Sie gaben sich als Partisanen aus, es wurde ihnen groß aufgewartet, in Wirklichkeit aber waren es raztrganci. Kurz darauf ging die Polizei hin zum Stropnik und behauptete, dass sie Partisanen bewirtet hätten. Die Frau stritt das ab. Die Polizei befahl: »Bringt die Löffel!«, und als sie sie brachten, drehte ein Polizist sie um und sagte: »Schaut her, da haben wir den Tag, an dem sie hier waren, eingeritzt.« Die ganze Familie wurde nach Deutschland ausgesiedelt. Quelle: Spurensuche. Erzählte Geschichte der Kärntner Slowenen. 1990, Wien, Österreichischer Bundesverlag. |