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Widerstand zu leisten gegen ein totalitäres Regime, das terroristische Unterdrückungsmethoden anwendet, erfordert ein hohes Maß an Mut und die Bereit-schaft, alles, auch das Leben, zu riskieren. Dazu sind nur wenige Menschen bereit. In Österreich stieß die Organisierung des Widerstandes 1938 auf beträchtliche Schwierigkeiten: Der kampflose Untergang Österreichs und die brutalen und massiven Verfolgungsmaßnahmen wirkten sich ebenso negativ aus wie die erzwungene Flucht Tausender potentieller NS-Gegner. Die Widerstandsorganisationen waren weitgehend von deutschen Gruppen separiert, sodass von einem spezifischen österreichischen Widerstand gesprochen werden kann. Der Widerstand war nach politischen und weltanschaulichen Positionen gegliedert, wobei zwei Hauptkräfte unterschieden werden können: die organisierte Arbeiterbewegung, hauptsächlich in den Industriezentren im Osten Österreichs konzentriert, und das katholisch-konservativ-bürgerliche Lager. Die österreichischen WiderstandskämpferInnen beschränkten sich in der Hauptsache auf traditionelle politische Tätigkeitsformen, wie die Bildung von Organisationen, Herausgabe von Flugblättern und Zeitungen und dergleichen, die sich als verlustreich, aber wenig wirksam erwiesen. Gemessen an der großen Zahl der Opfer waren die praktischen Ergebnisse des Widerstandskampfes – etwa in Richtung einer Gefährdung des NS-Regimes, einer ernstlichen Schädigung der NS-Kriegsmaschinerie oder der Erringung der Hegemonie in der Bevölkerung – eher bescheiden. Die Befreiung Österreichs von der NS-Herrschaft war das ausschließliche Verdienst der alliierten Streitkräfte, von denen mehr als 30.000 Soldaten 1945 auf österreichischem Boden fielen. Der Widerstand war aber im Hinblick auf den 1943 in der Moskauer Deklaration der Alliierten geforderten »eigenen Beitrag« Österreichs zu seiner Befreiung von eminent politischem Wert, wie sich bei den Bemühungen um den Staatsvertrag herausstellte. |