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§ 129. Als Verbrechen werden auch nachstehende Arten der Unzucht bestraft: Der Paragraph 129Ib, der die Liebe zwischen Personen des gleichen Geschlechts – und zwar sowohl zwischen Männern als auch zwischen Frauen – unter Strafe stellte, wurde 1852 ins Strafrecht eingeführt und erst 1971 gestrichen. Die Nationalsozialisten behielten diesen Rechtsbestand nach dem »Anschluss« bei, da Homosexualität als »Unzucht wider die Natur« nicht genauer beschrieben wurde und auf beide Geschlechter ausgedehnt war. Der Paragraph stellte also eine strengere Verfolgung als das Deutsche Recht sicher, was im Sinne der Nationalsozialisten war. Ebenso stieg die Menge der Verurteilten mit dem »Anschluss« rapide an und nahm erst an dem Moment ab, als mehr und mehr Männer durch den Krieg nicht mehr in Österreich, sondern an den diversen Fronten des »Dritten Reiches« waren. Eine weitere Verschärfung wandten die NS-Gerichte durch die Definition Homosexueller als »Gefährliche Gewohnheitsverbrecher« (§ 20a) an. Diese das Strafmaß erhöhende Definition traf auf jene zu, die ein Delikt mehrfach verübt hatten, sowie auf jene, von denen angenommen werden konnte, dass sie es wiederholen würden. Im Fall von Homosexuellen war beides gegeben. Die 1941 durchgeführte »Änderung des Reichsstrafgesetzbuches« (§ 1) sah nun auch für das Gebiet des ehemaligen Österreich vor, dass der »gefährliche Gewohnheitsverbrecher« (nach § 20a) sowie der Sittlichkeitsverbrecher nach §§ 176 bis 178 mit dem Tod bestraft werden sollten. Allein im Jahr 1943 fällte das Wiener Sondergericht vier Todesstrafen aufgrund dieser Regelung. Zusätzlich zu den regulären Strafgerichten gab es Feldgerichte und polizeiinterne Instanzen, die viel härter urteilen konnten. Uniform tragende Homosexuelle waren mit dem Tod bedroht. Denkt man an Uniform tragende Homosexuelle, so muss auch darauf verwiesen werden, dass Homosexuelle nicht lediglich als Opfergruppe zu definieren sind. Homosexuelle waren auch Täter. Ihre sexuelle Orientierung vereinte in manchen Biographien sowohl die Täter- als auch die Opferseite. |
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