Deportation der Juden
Einführung
Erste Deportation 1939
»Generalgouvernement«
Lodz/Litzmannstadt
»Reichskommissariat Ostland«
»Aktion Reinhard«
Auschwitz
Theresienstadt
Treblinka
# Besetztes Europa
Demographie  1938-1945
home
Up
Down

Sowohl die Anzahl als auch das Schicksal der Jüdinnen und Juden aus Österreich, die nach dem »Anschluss« in das diktatorisch regierte Königreich Jugoslawien geflüchtet waren und dort 1941 vom deutschen Überfall auf Jugoslawien überrascht wurden, ist aufgrund der Quellenlage schwierig zu rekonstruieren. Nach dem deutschen Überfall im April 1941 wurde das autoritär regierte Königreich Jugoslawien zerschlagen und sein Gebiet auf das »Deutsche Reich«, Italien, Ungarn und Bulgarien sowie den unter deutschem Einfluss stehenden kroatischen Ustascha-Staat aufgeteilt.


Serbien

Bei der Ermordung der Juden in Serbien, das unter deutscher Militärverwaltung stand, spielte die Wehrmacht – neben Dienststellen der SS – eine zentrale Rolle. Zahlreiche Österreicher zeichneten als Generäle – wie Franz Böhme, Lothar Rendulic oder Alexander Löhr –, aber auch in den unteren Rängen der Wehrmacht mitverantwortlich für Kriegsverbrechen in Serbien sowie in anderen Gebieten des ehemaligen Jugoslawien. Die unverhältnismäßig hohe Zahl von Österreichern war kein Zufall, galten sie doch noch aus der Zeit des Habsburgerreiches und des Ersten Weltkriegs als ausgesprochene Balkankenner.

In Jugoslawien lebten etwa 80.000 Juden (davon 23.000 in Serbien), von denen ca. 60.000 bis 65.000 ermordet wurden. Die genaue Anzahl der aus Österreich stammenden Juden, die in Serbien zur Zeit der Besatzung durch die Deutsche Wehrmacht ums Leben kamen, lässt sich schwer rekonstruieren. Jonny Moser schätzt die Zahl der Opfer im gesamten Gebiet des ehemaligen Jugoslawien auf ca 1.660. Namentlich erfasst sind vor allem die etwa 920 Opfer des so genannten Kladovo-Transportes: Mehr als 1.200 Juden aus Wien, Berlin, Danzig und der ehemaligen Tschechoslowakei versuchten 1939, von Bratislava aus auf Donauschiffen nach Palästina zu gelangen. Ihre Reise endete infolge organisatorischer Schwierigkeiten 1939/40 im serbischen Donauhafen Kladovo, von wo die Flüchtlinge im Juli 1941 in das Internierungslager Sabac verlegt wurden, das ab August 1941 als Konzentrationslager auch für Juden aus Serbien und dem Banat diente. Am 12./13. Oktober 1941 wurden alle jüdischen Männer aus Sabac, überwiegend aus Österreich stammende Männer des Kladovo-Transportes (ca. 400), von Wehrmachtseinheiten zur »Sühne« für einen Partisanenüberfall ermordet. Die verbliebenen 750 bis 800 jüdischen Frauen und Kinder wurden im Jänner 1942 in das neu errichtete Lager Sajmiste, einen Vorort Belgrads, verschleppt, wo auch die Juden Belgrads interniert wurden. Als Lagerkommandant fungierte der aus Österreich stammende SS-Untersturmführer Herbert Andorfer, unter dessen Verantwortung bis Anfang Mai 1942 die ca. 7.500 jüdischen Häftlinge, in der Mehrzahl Frauen, in einem »Gaswagen« ermordet wurden. Andorfer wurde im Jänner 1969 in der BRD zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt.


Kroatien

Der 1941 de facto von der Deutschen Wehrmacht besetzte, formal aber unabhängige kroatische Ustascha-Staat (Nezavisna Drzava Hrvatska; NDH) erhielt zusätzlich das Gebiet von Bosnien-Herzegowina zugesprochen, das dalmatinische Küstenland hingegen wurde von Italien besetzt. Viele Jüdinnen und Juden wurden im Zuge der zunehmenden antijüdischen Repressionsmaßnahmen in eines der kroatischen Konzentrationslager deportiert. Nicht nur österreichische, sondern auch Zehntausende kroatische Jüdinnen und Juden sowie als »fremdländische Elemente« bezeichnete SerbInnen und Roma wurden vom Ustascha-Regime unter Mitwirkung hochrangiger SS-Offiziere vor allem nach Jasenovac und Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Einigen österreichischen Jüdinnen und Juden gelang die Flucht nach Palästina, manche konnten nach Dalmatien und von dort weiter nach Italien fliehen oder wurden, nach Zwischenaufenthalten in mehreren, von Italien eingerichteten Flüchtlingslagern, im Juni 1943 auf die Insel Rab gebracht. Sie konnten bis zur italienischen Kapitulation im September 1943 in relativer Sicherheit leben. Von den 2.000 Flüchtlingen auf der Insel Rab schlossen sich viele ab September 1943 den kroatischen WiderstandskämpferInnen an, viele gelangten auch mit deren Hilfe in bereits befreite Gebiete in Norddalmatien. 300 Menschen, vor allem Alte und Kranke sowie Frauen und Kinder, blieben zurück und wurden nach der Einnahme der Insel durch deutsche Truppen nach Auschwitz deportiert.


 

 
Karl (»Kari«) Kriss
» größere Ansicht


Karl (»Kari«) Kriss am Donauufer (Kladovo). Am 26. Juni 1922 in Wien als Sohn einer bürgerlichen Familie geboren, wurde er 1941 erschossen.


Jugoslawien