Die Wiederherstellung demokratischer Strukturen in Österreich erforderte auch die bürokratische und justizielle Auseinandersetzung mit dem NS-Regime. Personen, die sich nationalsozialistischer Verbrechen schuldig gemacht hatten, wurden von eigens dafür eingerichteten so genannten Volksgerichten abgeurteilt und bestraft. Ebenso wurden seitens der österreichischen Regierung Maßnahmen ergriffen, um ehemalige NationalsozialistInnen aus Ämtern und Berufen zu entfernen. Diese Bestrebungen standen nicht zuletzt in Zusammenhang mit dem Wunsch auf Durchsetzung des Abzugs der alliierten Truppen und der Erreichung des Staatsvertrages. Dem so genannten »Mitläufer« wurde jedoch von Beginn an die Re-Integration in die Gesellschaft in Aussicht gestellt. Bereits ab 1947 traten Abgeordnete der ÖVP und SPÖ für eine Lockerung der Entnazifizierungsvorschriften und justiziellen Maßnahmen gegen ehemalige NationalsozialistInnen ein. Schon im darauf folgenden Jahr wurden erste Amnestien erlassen. 1949 waren viele ehemalige NationalsozialistInnen erstmals wieder wahlberechtigt. Der Versuch der Regierung, die Volksgerichte abzuschaffen, scheiterte jedoch am Veto der Alliierten. Die Aufhebung der Volksgerichte erfolgte tatsächlich im Dezember 1955 nach Abzug der Alliierten aus Österreich. Die Re-Integration der ehemaligen NationalsozialistInnen wurde im März 1957 mit einer Generalamnestie auch für schwer belastete Nationalsozialisten abgeschlossen. Außerdem wurden das Kriegsverbrechergesetz und das Verbotsgesetz (Verbot von NSDAP und NS-Organisationen sowie der NS-Wiederbetätigung) – 1945 eigens für die strafrechtliche Verfolgung von NS-Verbrechen geschaffen – abgeschafft bzw. teilweise aufgehoben. Aufgrund der Verjährungsbestimmungen des Strafgesetzes konnten ab Mitte der 1960er Jahre nur mehr die unmittelbar Beteiligten an nationalsozialistischen Morden vor Gericht gestellt werden. Das letzte Urteil wurde am 2. Dezember 1975 gefällt. Damit war die Verfolgung von NS-Verbrechen in Österreich faktisch beendet.
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