Im Zentrum der nationalsozialistischen Weltanschauung stand der Antisemitismus. Er prägte sowohl die Propaganda als auch die Politik des NS-Regimes und basierte auf jahrhundertelang tradierten, religiös, ökonomisch und rassistisch motivierten Vorurteilen. Die Feindschaft gegenüber Juden bzw. der Antisemitismus stellten seit dem Frühmittelalter eine praktikable Ideologie dar, um politische, soziale und wirtschaftliche Probleme »den Juden« anlasten zu können. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland 1933 erhielt der Antisemitismus eine neue, historisch singuläre Qualität: Jahrhundertealte Vorurteile wurden gebündelt, mit »rassentheoretischen« Begründungen versehen und zu einem wesentlichen Teil der Staatsideologie instrumentalisiert. Die »Nürnberger Gesetze« bildeten die »rechtliche« Grundlage für die Ausgrenzung, Entrechtung und schließlich auch Ermordung der Juden. Dabei zogen die Nationalsozialisten paradoxerweise als Maßstab der »Rasse« die Religionszugehörigkeit der Großeltern heran. Als Jude galt, wer von drei jüdischen Großeltern abstammte, unabhängig davon, ob jemand getauft oder ohne religiöses Bekenntnis war. Erstmals wurde der Antisemitismus als Teil der staatstragenden Ideologie bis zur letzten mörderischen Konsequenz umgesetzt: Der gesellschaftlichen Ausgrenzung und Entrechtung der Juden folgten umfassende Beraubung, Vertreibung, Kennzeichnung und schließlich die planmäßige, industriell durchgeführte millionenfache Vernichtung.
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